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Kabarett© Copyright Kabarett: H. Qualtinger und G. Bronner im Programm "Hackl im Kreuz". Foto. Kabarett (französisch "cabaret" = Schenke, eine in Fächer eingeteilte Speiseschüssel); Bezeichnung für eine kleine Bühne und die dort gebotene Form des Unterhaltungstheaters; in der Regel eine durch Conférencen verbundene Folge von Sketches, Liedern, Parodien und Ähnlichen, in denen in literarischer oder kritisch-satirischer Form politische und gesellschaftliche Zustände glossiert werden. 1906 wurde das "Nachtlicht" (später "Die Fledermaus") von M. Delvard und M. Henry als erstes Wiener Kabarett gegründet (erstes Kabarett in Paris 1881, in Berlin 1901). 1912 entstand der "Simplicissimus" (später "Simpl"), der durch Kabarettgrößen wie F. Grünbaum und K. Farkas geprägt und zu einer Wiener Institution wurde. Das österreichische Kabarett dieser Zeit zeichnete sich durch launigen, leichten Humor aus, hatte aber wenig politische Brisanz (Ausnahme: "Die Hölle"). Das politische Kabarett fasste erst in den 30er Jahren in Wien Fuß (1931 gründete S. Kadmon das Kabarett "Lieber Augustin"; andere Kabaretts dieser Zeit: 1933-36 "Die Stachelbeeren", 1933-38 "Literatur am Naschmarkt", "ABC"). 1938 wurden diese Kabaretts geschlossen, die Mehrzahl der Mitwirkenden und Autoren wurden entweder inhaftiert oder gingen in die Emigration. Als einziges Kabarett während der NS-Zeit hielt sich trotz Verboten bis 1944 das "Wiener Werkel", für das unter anderem F. Eckhardt und K. Nachmann unter Pseudonymen schrieben. Das Nachkriegskabarett lebte von der Spannung zwischen dem Unterhaltungskabarett eines K. Farkas und dem politischen Kabarett der Gruppe um G. Bronner und H. Qualtinger, der unter anderen Kehlmann, G. Kreisler, L. Martini, C. Merz, P. Wehle angehörten. Ab 1961 wandten sich H. Qualtinger und C. Merz mehr den literarischen Formen zu; mit der Satire "Der Herr Karl" schufen sie eine bittere Abrechnung mit der jüngeren österreichischen Geschichte. In den 70er Jahren fand im österreichischen Kabarett ein Generationswechsel statt. Das klassische Nummernkabarett, das sich vor allem an aktuellen, tagespolitischen Geschehnissen orientierte, wurde durch neue Formen ersetzt bzw. erweitert. Die Bandbreite reichte nun von der Rockmusik ("Schmetterlinge") bis zu revueähnlichen Darbietungen (T. Küppers). Vom Tagespolitischen ging man zu grundsätzlicher Kritik an der Politik (L. Resetarits) über, oder man zeigte alltägliche Skurrilitäten (O. Grünmandl); eine allgemeine Tendenz geht in Richtung Solokabarett (H.-P. Heinzl, W. Schneyder, E. Steinhauer und andere). Zu Beginn der 80er Jahre setzte durch das Entstehen neuer Spielstätten (Kulisse, Kabarett Niedermair, Metropol, Spektakel und anderen) ein Kabarettboom ein. Junge Kabarettisten (G. Kaufmann, I. Stangl, A. Vitasek) sprengten den herkömmlichen Rahmen kabarettistischen Schaffens. Unterschiedliche künstlerische Produkte entstanden, verbunden nur durch die zunehmende Weigerung, herkömmliche politische Witze und Reflexionen auf das tagespolitische Geschehen in ihre Programme aufzunehmen (J. Hader, L. Lukas, Schlabarett, T. Maurer); anstelle der abstrakten politischen Thematik wurde der Mensch zum Mittelpunkt der kabarettistischen Betrachtung. Eine neue Entwicklung ist in der zunehmenden Annäherung der Kabarettisten an das Medium Film zu sehen ("Indien" von A. Dorfer und J. Hader, "Muttertag" von der Gruppe Schlabarett). Literatur: R. Weys, Cabaret und Kabarett in Wien, 1970; H. Veigl, Lachen im Keller. Kabarett und Kleinkunst in Wien, 1986; G. Promitzer, Das Kabarett im Spiegel einer Dekade 1951-61, 1991; S. Hausberger, Denn nahe, viel näher, als ihr es begreift. Die literarische Kleinkunst der 30er Jahre, Diplomarbeit, Wien 1992; T. Krpic, Politik und Kabarett, Diplomarbeit Wien, 1993.
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