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WirtschaftskammernWirtschaftskammern, früher Kammern der gewerblichen Wirtschaft bzw. Handelskammern genannt, schon 1849 mit Pflichtmitgliedschaft und dem Recht auf Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen ausgestattete Interessenvertretungen der Wirtschaftstreibenden, durch Gesetze von 1850, 1868, 1920 und 1937 schrittweise ausgebaut und durch das Handelskammergesetz 1946 (zuletzt 1995 novelliert) bzw. Wirtschaftskammergesetz 1998 weitgehend neu gestaltet. Jedes Bundesland besitzt eine Landeskammer mit 6 Sektionen ohne Rechtspersönlichkeit: Gewerbe, Handwerk, Dienstleistung; Industrie; Handel; Bank und Versicherung; Transport, Verkehr, Telekommunikation; Tourismus und Freizeitwirtschaft. Ursprünglich bestanden nur die regionalen (Landes-)Kammern, 1937 wurde erstmals auch eine Bundeskammer geschaffen, die jedoch bis 1938 nicht mehr aktiv wurde. Seit 1946 besteht definitiv die Bundeskammer (seit 1. 1. 1994 Wirtschaftskammer Österreich) mit starker Kompetenz, aber föderalistisch beeinflussten Organen. Eine weltweite Besonderheit stellt der 1946 erfolgte Einbau der Fachorganisationen in die Kammerorganisation dar. Der Wirtschaftskammer Österreich gehören rund 130 Fachverbände an (analog dazu Fachgruppen in den Landeskammern), die in der Sektion Gewerbe, Handwerk, Dienstleistung überwiegend Bundes- bzw. Landesinnungen genannt werden, in der Sektion Handel Bundes- bzw. Landesgremien. Teilweise bestehen anstelle der als Körperschaften öffentlichen Rechts organisierten Fachgruppen nur Fachvertretungen ohne Rechtspersönlichkeit. Insgesamt umfasst die Kammerorganisation (Bundeskammer, Landeskammern, Fachverbände und Fachgruppen) rund 1000 Körperschaften öffentlichen Rechts. Die Kompetenzverteilung ist nach dem Subsidiaritätsprinzip geregelt, dabei werden fachliche, sektionseigene und gemeinsame Angelegenheiten unterschieden. Bis auf die Elektrizitätswerke gehören den Wirtschaftskammern fast alle Zweige der gewerblichen Wirtschaft an. Wegen des häufig notwendigen Interessenausgleichs zwischen den einzelnen Branchen kommt der Pflichtmitgliedschaft, die auch für die Fachorganisationen gilt, besondere Bedeutung zu. Sowohl zu den Kammern als auch den Fachorganisationen wird die Mitgliedschaft durch eine einschlägige behördliche Berechtigung zum Betrieb einer Unternehmung der gewerblichen Wirtschaft begründet. Ende 1999 hatten die Landeskammern insgesamt rund 374.000 Mitglieder, darunter auch viele Unternehmungen der öffentlichen Hand. Die Kammern haben einen eigenen Wirkungsbereich (gegenüber dem Staat Weisungsfreiheit, nur Rechtsaufsicht des Wirtschaftsministeriums). Sie vertreten die Interessen der Wirtschaft gegenüber dem Staat und den anderen Gruppen der Erwerbstätigen; sie besitzen das Recht auf Begutachtung von Gesetzes- und besonders wichtigen Verordnungsentwürfen, zur Entsendung von Vertretern in zahlreiche Institutionen, wie Kommissionen, Beiräte, Sozialversicherungsträger und andere. Die Kammern, Fachverbände und Fachgruppen sind kollektivvertragsfähig. Im übertragenen Wirkungsbereich werden die Kammern für den Staat tätig, so im beruflichen Ausbildungswesen. Willensbildend sind die auf 5 Jahre gewählten Funktionäre. Als umfassende Organe sind der Kammertag der Wirtschaftskammer Österreich und die Vollversammlungen der Landeskammern sowie die Fachgruppentagungen eingerichtet. Letzteren gehören alle Mitglieder der betreffenden Fachgruppe an (unmittelbare Demokratie). Die Wahlen in die Fachgruppenausschüsse erfolgen direkt, die anderen Wahlen und Organbestellungen indirekt (Verhältniswahlrecht mit starker Berücksichtigung kleiner Wählergruppen). Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich wird vom Kammertag, die Präsidenten der Landeskammern werden von der Vollversammlung gewählt. In der Wirtschaftskammer Österreich besteht ein Generalsekretariat mit Generalsekretär, in jeder Landeskammer eine Kammerdirektion mit Direktor. Die Kammern unterhalten mit ihrem Wirtschaftsförderungsinstitut Österreich (WIFI) das größte nichtstaatliche Aus- und Weiterbildungswerk Österreichs. Die Wirtschaftskammer Österreich hat weltweit rund 80 Außenhandelsstellen zur Förderung des Warenverkehrs mit dem Ausland. Die Finanzierung der Kammern und Fachorganisationen erfolgt durch verschiedene Umlagen (Kammerumlagen, Grundumlagen, vor allem für die Fachorganisationen, Eintragungsgebühren, Gebühren für Sonderleistungen). Literatur: K. Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970; F. Geißler, Österreichs Handelskammerorganisation der Zwischenkriegszeit, 2 Bände, 1977/80; H. Reiger, Zum Recht der Handelskammern, 1992; P. Pernthaler, Kammern im Bundesstaat, 1996; K. Retter, Die Wirtschaftskammerorganisation, 1997. Verweise auf andere Alben:
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