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List, Niki - Lloyd, Österreichischer (11/25)
Literatencafés, Wiener Literatur am Naschmarkt

Literatur, österreichische


Literatur: Die Frage, ob und inwieweit man von einer "österreichischen Literatur" sprechen kann, die sich durch bestimmte "Besonderheiten" von der übrigen deutschsprachigen Literatur abhebt, ist umstritten. Versuche, das spezifische "Wesen" der in Österreich entstandenen Literatur durch Zuordnung von gewissen Attributen zu definieren, erwiesen sich als einseitig, in vielen Fällen auch als ideologisch und politisch belastet.

Der Beginn der Reflexionen über die Eigenständigkeit der österreichischen Literatur fällt in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Differenz zur Literatur der norddeutschen Staaten, insbesonders Preußens, immer augenfälliger wurde und man des Öfteren die "Verspätung" Österreichs beklagte, zugleich jedoch auch bodenständige literarische Formen weiterentwickelte und zur Blüte brachte, wie etwa die Wiener Volkskomödie. Dieses "Auseinanderdriften" hatte nicht zuletzt zur Folge, dass sich das übliche Periodisierungsmodell der deutschsprachigen Literatur ("Sturm und Drang", "Klassik", "Romantik", "Junges Deutschland" usw.) auf die österreichische Literaturgeschichte gar nicht oder nur bedingt anwenden lässt.

Ein weiteres Problem stellt zweifellos die Abgrenzung der österreichischen Literatur nach Autoren hin dar, etwa die Frage, ob man alle in der österreichisch-ungarischen Monarchie geborenen Dichter dazu zählt oder nur jene, die deutsch schrieben und noch dazu in Bezug zum heutigen Territorium der Republik Österreich standen. Bedeutende Autoren werden so gerne - mit fragwürdiger Berechtigung - für die österreichische Literatur reklamiert, man denke an F. Kafka, E. E. Kisch, E. Canetti oder P. Celan. Nicht unterschätzt werden darf zudem die ökonomische Abhängigkeit österreichischer Autoren vom deutschsprachigen Ausland, in dem ihre Bücher zum Großteil verlegt werden und auch die überwiegende Mehrheit ihrer Leser finden. Es existiert so das Phänomen, dass sich das Bild der österreichischen Literatur vorwiegend über Produktion und Rezeption im Ausland konstituiert.

Im Mittelalter konzentrierte sich die literarische Produktion auf Klöster und Stifte, in deren Schreibstuben liturgische Hymnen, geistliche Lieder usw. verfasst wurden. Die ältesten literarischen Denkmäler sind der Wiener Hundesegen (9./10. Jahrhundert), die altdeutsche Genesis (letztes Viertel 12. Jahrhundert) und die Millstätter (Kärntner) Genesis (um 1200). Die älteste namentlich bekannte deutschsprachige Autorin war Frau Ava, die um 1127 in der Gegend von Melk starb. In die 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts datiert das die Sünden der Pfaffen und Laien geißelnde Werk Heinrichs von Melk. Die Hochphase des Minnesangs, die ihren Höhepunkt mit Walther von der Vogelweide erreichte, fällt in den Beginn des 13. Jahrhunderts; daneben entfalteten sich die höfische Epik, in der die Werte der ritterlichen Adelsgesellschaft thematisiert wurden, und das mittelhochdeutsche Heldenepos (Nibelungenlied, Kudrun, Dietrich-Epen). Der fahrende Berufsdichter Wernher der Gartenaere (2. Hälfte 13. Jh) schuf mit der Versnovelle "Meier Helmbrecht" eine 1. sozialkritische Dorfgeschichte; am Hof des Babenbergerherzogs Friedrich II. wirkte der Lieddichter Neidhart ("von Reuenthal"), der erfolgreichste Liedautor des deutschen Mittelalters und Schöpfer der höfischen Dorfpoesie. Der Minnesänger Ulrich von Liechtenstein verfasste die erste Autobiographie; populär wurden im 14. Jahrhundert die so genannten "Neidhartspiele", deftige Schwänke, in deren Mittelpunkt der Gegensatz zwischen Bauern und Rittern steht. Bereits dem Spätmittelalter zuzuordnen ist das vielfältige, auch autobiographische lyrische Werk des Tiroler Adeligen Oswald von Wolkenstein. Annalen und Chroniken hielten die Zeitereignisse fest, meist in knapper Form, nur gelegentlich in ausführlicher Erzählung.

Eine Grundform der österreichischen Literatur des Mittelalters war die Spieldichtung; alle Gattungen von geistlichen und weltlichen Spielen wurden seit dem 12. Jahrhundert gepflegt und erreichten im ausgehenden Mittelalter große Verbreitung, besonders in den Alpentälern (Passionsspiele, Mysterienspiele, Fasnachtspiele). Sowohl die städtische Kunstdichtung der späteren Zeit als auch die bäuerliche Volksdichtung haben ihre Wurzeln in diesen Spielen; die alpenländische Spieltradition setzte sich kontinuierlich im Barock fort. Kaum Fuß fassen konnte auf österreichischem Gebiet der Meistergesang.

Im Humanismus war Wien literarischer und geistiger Mittelpunkt; die Vereinigung von "philosophia christiana" und humanistischer Bildungskultur sowie der Rückgriff auf den Formenkanon der Antike in der neulateinischen Dichtung zeitigten eine reiche literarische Produktion, die von der Gelegenheitsdichtung über Versepik und Drama bis zur Traktatliteratur reichte; berühmtester Vertreter ist Konrad Celtis, die "Leitgestalt" der neulateinischen Dichter des frühen 16. Jahrhunderts.

Zur Zeit der Gegenreformation und dann hauptsächlich im Barock weitete sich der Gegensatz zwischen süddeutsch-österreichischer und norddeutscher Literatur zusehends aus. Während die protestantische Dichtung des Nordens Elemente der französischen Klassik übernahm, entwickelte sich im Süden eine katholische, vom italienischen und spanischen Barock beeinflusste Literatur. Im Dienst der Gegenreformation spielte das geschriebene Wort eine wichtige Rolle: In Exempelliteratur, Heiligenleben, Legendensammlungen und den Ordensdramen der Jesuiten versuchte man dem Luthertum entgegenzutreten. Einen großen Aufschwung nahmen das katholische Kirchenlied, die Mariendichtung und nicht zuletzt die Predigt, deren Blütezeit das späte 17. Jahrhundert wurde und als deren bedeutendster Vertreter Abraham a Sancta Clara sprachgewaltige Werke schuf. Trotz repressiver Haltung des habsburgischen Herrscherhauses konnte sich in Österreich auch eine protestantische Literaturtradition behaupten, etwa im Werk der niederösterreichischen Adeligen Catharina Regina von Greiffenberg, deren "Geistliche Sonette" einen Höhepunkt barocker Poesie darstellen.

Im Vordergrund der Barockdichtung standen das pompöse Barocktheater und das Ordensdrama. Neben den höfischen und kirchlichen Festspielinszenierungen, die durch ihre luxuriöse Ausstattung imponierten, erfreuten sich auch das Stegreif- und Hanswurstspiel, vertreten durch J. A. Stranitzky, G. Prehauser, J. Perinet und J. F. Kurz-Bernardon großer Popularität. Im "Hanswurststreit" Mitte des 18. Jahrhunderts sollte sich dann Philipp Hafner gegen das Diktat der norddeutschen Aufklärer stellen und für eine Weiterentwicklung dieser volkstümlichen Theaterformen zur Alt-Wiener Volkskomödie sorgen, die Elemente der Commedia dell´arte mit der Tradition des englischen Komödiantentums verschmolz.

Herausragende Beispiele barocker Erzählkunst sind die Ritter- und Schelmenromane des Oberösterreichers Johann Beer.

Auf dem Boden des Barock wuchs die österreichische Dichtung der folgenden Zeit. Einen ersten Höhepunkt des literarischen Räsonnements in Österreich ermöglichte die tolerante, aufklärerische Politik Kaiser Josephs II.; Streit- und Flugschriften, Pamphlete und Abhandlungen zu den verschiedensten Themen öffentlichen Interesses erschienen in großer Zahl; mit der Epoche des Josephinismus verband die österreichische Intelligenz von nun an die Vorstellung von Freiheit und menschenwürdiger Herrschaft. Mit dem Einsetzen einer neuerlichen reaktionären Politik unter Kaiser Franz I. nahm diese Publikationsflut ein Ende; Maßnahmen gegen "revolutionäre" Autoren wurden getroffen. Der Befreiungskampf gegen Napoleon fand auch seine österreichische Dichter-Patrioten: I. F. Castelli, die Brüder H. J. und M. Collin, J. Hormayr, J. C. Zedlitz und K. Pichler, in deren Salon sich die literarische Welt des alten Wien ein Stelldichein gab.

Von der Literaturgeschichtsschreibung immer mit Erstaunen vermerkt wurde das plötzliche Auftreten einer Reihe von bedeutenden Dichtern in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts: F. Grillparzer, A. Stifter, F. Raimund, J. Nestroy, E. Bauernfeld, F. Halm, E. Feuchtersleben, N. Lenau, A. Grün, J. N. Vogl, J. G. Seidl. Bezeichnend ist, dass sich ihr Werk bereits in charakteristischer Weise von den gleichzeitigen literarischen Trends in den deutschen Ländern entfernte, und das gilt sowohl für die Stoffwahl (vor allem österreichische Motive, besonders bei Grillparzer) als auch für die sprachliche Realisierung. In seiner Skizze "Worin unterscheiden sich die österreichischen Autoren von den übrigen? (1837) versuchte Grillparzer erstmals eine Positionsbestimmung der österreichischen Literatur. Eine Blütezeit erlebte die Wiener Volkskomödie in den publikumswirksamen Possen und Parodien Nestroys und den nicht minder populären Zauberspielen Raimunds; ein realistischer Erzählstil setzt sich erstmals mit den großen Amerikaromanen des aus Mähren stammenden C. Sealsfield durch; das politische Engagement von Autoren wie N. Lenau oder E. Bauernfeld blieb in Ansätzen stecken; für sie, wie für viele andere Literaten, wurde die Last der vormärzlichen Zensur unter Staatskanzler Metternich beinahe unerträglich - die Erwartungen, die die österreichischen Schriftsteller in die Revolution von 1848 setzten, wurden jedoch nur für kurze Zeit erfüllt.

Im Vielvölkerstaat der österreichisch-ungarischen Monarchie mit der Residenzstadt Wien als unbestrittenem Zentrum gewann die österreichische Literatur in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts weiter an eigenständigem Profil. Das soziale Engagement des Naturalismus nimmt die Erzählerin M. von Ebner-Eschenbach in ihren berührenden Dorfgeschichten vorweg; ihnen zur Seite stehen die schwermütig-pessimistischen Erzählungen des ehemaligen Leutnants F. von Saar, der sich selbst als Bindeglied zwischen den Ausläufern der Klassik und der österreichischen Moderne um 1900 sah. Mit L. Anzengruber und P. Rosegger hält die Darstellung der heimatlichen bäuerlichen Welt ihren Einzug in die österreichische Dichtung; die "Entdeckung der Provinz" wird zum Schlagwort und beliebten Sujet. Die Mundartdichtung erreicht mit F. Stelzhamer einen Höhepunkt; R. von Kralik im Gralbund und E. von Handel-Mazzetti geben der katholischen Literaturtradition neuen Rückhalt.

Um die Jahrhundertwende sind es die Autoren des "Jungen Wien", A. Schnitzler, R. Beer-Hofmann, H. von Hofmannsthal und H. Bahr, die nunmehr die neuen Strömungen der Moderne, wie Dekadenz und Symbolismus, Neuromantik und Impressionismus, aufgreifen und in spezifischer Weise gestalten. Ist es bei Schnitzler das eindringliche Porträt der gutbürgerlichen k. u. k. Gesellschaft, das er in seinen Dramen und Prosatexten zeichnet, so thematisiert Hofmannsthal die Themen "Tod" und "Sprachskepsis"; sein "Chandos-Brief" (1902) wird zu einem Schlüsseltext der Epoche. Von Österreich gingen damals wesentliche Impulse aus, die heute noch die Weltliteratur beeinflussen. Schnitzler entwickelte den "inneren Monolog" weiter, Hofmannsthal erweckte die antike Tragödie und das mittelalterliche Mysterienspiel aufs Neue und belebte die österreichisch-barocke Theatertradition. Sprachkritik ist auch das zentrale Anliegen des großen Polemikers K. Kraus, der mit seiner Zeitschrift "Die Fackel" das satirisch-gesellschaftskritische Medium der Zeit schuf (1899-1936). In Tirol hatte sich um A. Pichler die Gruppe "Jung-Tirol" geschart; 1910 gründete L. von Ficker die Zeitschrift "Der Brenner". Junge Autoren wie G. Trakl, F. Werfel, S. Zweig, M. Brod und F. Kafka begannen mit ihren Veröffentlichungen; sie alle sollten Weltgeltung erlangen. R. M. Rilke setzte für die Sprache der modernen Lyrik entscheidende Impulse; R. Musil schuf mit seinem essayistischen Großroman "Der Mann ohne Eigenschaften" eines der wegweisenden Erzählwerke der Epoche; Kafkas zum Teil aus dem Nachlass veröffentlichte und fragmentarische Dichtung schließlich stellt ein ungemein dichtes Dokument schmerzhafter Existenzerfahrung dar; H. Brochs "erkenntnistheoretischer" Roman versuchte die Totalität dieser Dichtungsgattung in einem letzten Anlauf noch einmal zu beleben.

Der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie, von vielen österreichischen Dichtern vorausgeahnt, wurde als tiefes Trauma erfahren und ließ viele das alte Reich in der 1. Republik noch einmal beschwören (K. Kraus, F. Werfel, H. von Hofmannsthal, R. Musil, F. von Herzmanovsky-Orlando, O. Stoessel, F. Braun, F. T. Csokor); seine exemplarische Darstellung fand der Untergang der Monarchie im Erzählwerk J. Roths ("Radetzkymarsch", 1932).

Der Aufstieg der Sozialdemokratie hatte zur Bildung einer Arbeiterdichtung geführt; ab 1910 entfaltete sich der Expressionismus, der zahlreiche junge Autoren (R. Müller, A. Bronnen) im Kampf gegen die Generation der Väter und überkommene Moralvorstellungen versammelte.

Die zunehmende Radikalisierung der politischen Lager in den 20er Jahren fand schließlich auch in der Literatur ihren Niederschlag; eine Reihe erfolgreicher Autoren (R. Hohlbaum, B. Brehm, K. H. Strobl, F. K. Ginzkey, M. Jelusich, M. Mell, M. Grengg, J. Weinheber) wechselte zu Beginn der 30er Jahre mehr oder weniger offen ins Lager des Nationalsozialismus und trug so zur Spaltung der österreichischen Literatur bereits vor 1938 bei; entscheidender Anlass wurde im Mai 1933 eine Tagung des PEN-Clubs in Ragusa, bei der es zur Spaltung und zum Austritt der "nationalen" Autoren aus dem PEN-Club kam. Im "Bund deutscher Schriftsteller Österreichs" fanden sich die Mitglieder und Sympathisanten der NSDAP zu einer illegalen Tarnorganisation zusammen, die energisch auf den Anschluss hinarbeitete. Inzwischen vollzog man von den Themen her einen völligen Rückzug in die Provinz (K. H. Waggerl, J. Perkonig, O. Leitgeb) bzw. den historisch-heroischen Roman (M. Jelusich, R. Hohlbaum); wer die Tradition des demokratisch-kritischen Schreibens weiter pflegen wollte oder jüdischer Herkunft war, musste das Land verlassen (so unter anderem E. Canetti, J. Roth, R. Musil, R. Neumann, B. Viertel, S. Zweig, F. Werfel, H. Broch, F. T. Csokor und auch Ö. von Horváth; für manche war es zu spät, wie etwa für den jungen Dramatiker Jura Soyfer oder für A. J. Koenig, die im KZ umkamen. Andere ordneten sich stillschweigend ein und gingen in die innere Emigration (A. Lernet-Holenia, R. Henz).

Die vielfach postulierte "Stunde Null" im Jahr 1945 blieb Fiktion; zahlreiche im Dritten Reich erfolgreiche Autoren (G. Fussenegger, K. H. Waggerl, F. Tumler und andere) publizierten weiter; nur zögernd kehrten die überlebenden Emigranten zurück, und sehr bald zeigte sich die Tendenz, die Jahre der NS-Annexion auch auf literarischem Gebiet zu verdrängen; ein "Literaturreinigungsgesetz" (1946) trat nie in Kraft.

Mit der avantgardistischen Zeitschrift "Plan" (1945-48) vermochte O. Basil an die Tradition der österreichischen Moderne anzuknüpfen; junge Autoren, wie I. Aichinger ("Die größere Hoffnung", 1948), C. Busta, P. Celan und E. Fried, kamen hier zu Wort. Allmählich rückte nun die Vergangenheitsbewältigung in den Mittelpunkt des literarischen Schaffens, so in den Dramen F. Hochwälders und den Romanen H. Zands, G. Fritschs und H. Leberts ("Die Wolfshaut" 1960); die Ereignisse der 20er Jahre bis zum Justizpalastbrand 1927 verarbeitete H. von Doderer in seinen großangelegten Romanen "Die Strudlhofstiege" (1951) und "Die Dämonen" (1956). Verstörung, Entfremdung, das Ringen um Identität sind die Grunderfahrungen, die I. Bachmann in ihren Texten beschreibt, gleichzeitig klagt sie vehement die Umenschlichkeit einer von Männern beherrschten Gesellschaft an. Eine neue Dimension sprachkritischen Schreibens erschließt die "Wiener Gruppe" um F. Achleitner, H. C. Artmann, K. Bayer, G. Rühm und O. Wiener im systematischen Experiment mit dem "Material" Sprache; ihre Dialektgedichte, Montagen und "konkrete Poesie" erweitern die "Grammatik der Moderne" in wesentlichem Maße. Eine Fortführung findet dieser Umgang mit Sprache in den pointiert-witzigen Gedichten und Sprechstücken E. Jandls sowie in den vielfach hermetischen Texten F. Mayröckers.

1958 erfolgte in Graz die Gründung des "Forum Stadtpark", dessen Zeitschrift "manuskripte" bald zur wichtigsten Literaturzeitschrift wurde; 1973 konstituierte sich in bewusster Opposition zum österreichischen PEN-Club die so genannte "Grazer Autorenversammlung", der in der Folge ein Großteil der österreichischen Avantgarde beitrat.

In der Tradition österreichischer Sprachskepsis, vor allem beeinflusst von Ludwig Wittgenstein, steht nicht zuletzt das Schaffen der beiden herausragenden Autoren österreichischer Gegenwartsliteratur: Thomas Bernhard und Peter Handke, die der deutschsprachigen Literatur insgesamt ihren Stempel aufdrückten. Während Bernhards Texte, die Möglichkeit des Erzählens negierend, in geradezu monomanischen Schilderungen um die feindselige "heimatliche" Landschaft, um die Kälte zwischenmenschlicher Beziehungen und die Ausweglosigkeit des zum Tod bestimmten Lebens kreisen, findet Handke, der seine Karriere als junger "Rebell" ("Publikumsbeschimpfung", 1966) begann, in seinen späteren Werken zu einem neuen "Vertrauen" zum Wort, sie erzählen von einer "immer wieder sich verbergenden, der menschenmöglichen, der guten Welt". Mitte der 70er Jahre bringt die sozial-liberale Reformeuphorie der frühen Kreisky-Ära auch einen Aufbruch in der österreichischen Literatur mit sich. Junge Autoren, wie M. Scharang, G. Roth, G. Wolfgruber, W. Kappacher, F. Innerhofer und E. Jelinek, debütieren mit Werken, die authentisch, provokativ und desillusionierend soziale Missstände darstellen; auf dem Gebiet des Dramas sind es die Stücke W. Bauers, P. Turrinis, F. Mitterers, W. Schwabs und Jelineks, die durch ihre radikale Zertrümmerung bürgerlicher Werte Aufsehen erregen. Einem Schwenk in Subjektivität und Innerlichkeit Ende der 70er Jahre, wie er vor allem von Handke in der Werkgruppe "Langsame Heimkehr" (1979-81), aber zum Beispiel auch von J. Winkler in der Romantrilogie "Das wilde Kärnten" (1984) vorexerziert wird, setzen die Autoren der 80er und 90er Jahre von neuem die Wirksamkeit der Erzählung entgegen, so E. Hackl in seinen kühl-dokumentarischen Berichten über Frauen- und Mädchenschicksale und C. Ransmayr in seinem zwischen Antike und Gegenwart oszillierenden Ovid-Roman "Die letzte Welt" (1988). An beste österreichische Erzähltraditionen schließen zahlreiche junge Autoren an (M. Köhlmeier, N. Gstrein, R. Schindel, E. Gstettner und andere).


Literatur: J. W. Nagl, J. Zeidler und E. Castle, Deutsch-österreichische Literaturgeschichte, 1898-1937; J. Nadler, Literaturgeschichte Österreichs, 1948; A. Schmidt, Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert, 2 Bände, 1964; C. Magris, Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur, 1966; H. Spiel (Hg.), Die zeitgenössische Literatur Österreichs, 1976; F. Aspetsberger (Hg.), Staat und Gesellschaft in der modernen österreichischen Literatur, 1977; H. Zeman (Hg.), Die österreichische Literatur. Eine Dokumentation ihrer literarhistorischen Entwicklung, 4 Bände, 1979-89; W. Weiss, Die österreichische Literatur der Gegenwart, in: M. Durzak (Hg.), Deutsche Gegenwartsliteratur, 1981; K. K. Polheim (Hg.), Literatur aus Österreich - österreichische Literatur. Ein Bonner Symposion, 1981; H. Seidler, Österreichischer Vormärz und Goethezeit, 1982; K. Bartsch und andere (Hg.), Für und wider eine österreichische Literatur, 1982; K. Amann, P. E. N. Politik, Emigration, Nationalsozialismus, 1984; H. Giebisch und G. Gugitz, Bio-bibliographisches Literaturlexikon Österreichs, 21985; F. Aspetsberger und andere (Hg.), Literatur der Nachkriegszeit und der 50er Jahre in Österreich, 1984; M. G. Hall, Österreichische Verlagsgeschichte 1918-38, 2 Bände, 1985; G. Renner, Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933-40), 1986; S. Patsch, Österreichische Schriftsteller im Exil, 1986; S. P. Scheichl und G. Stieg, Österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts, 1986; E. Fischer und W. Haefs (Hg.), Hirnwelten funkeln. Literatur des Expressionismus in Wien, 1988; K. Rossbacher, Literatur und Liberalismus, 1992; H. Zeman (Hg.), Geschichte der Literatur in Österreich von den Anfängen bis zur Gegenwart, 7 Bände, 1994ff.; W. Schmidt-Dengler, J. Sonnleitner und K. Zeyringer (Hg.), Literaturgeschichte: Österreich. Prolegomena und Fallstudien, 1995.


Verweise auf andere Alben:
Video-Album: Thomas Bernhard im Interview zu den Salzburger Festspielen,

 
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