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GewehreGewehre (Büchsenmacherkunst): Die Herstellung von kunstvoll verzierten Feuerwaffen in Renaissance und Barock ist für die österreichische Technikgeschichte und das österreichische Kunstgewerbe von großer Bedeutung. Viele österreichische Sammlungen besitzen kunsthandwerklich wertvolle Gewehre alter Meister aus Ferlach, Wien, Salzburg und ländlichen Orten in Tirol, Niederösterreich und Oberösterreich. Die Läufe waren meist tief gebläut, oft goldtauschiert, die Schlösser figürlich und ornamental geschnitten und graviert, die Schäfte häufig elegant geformt oder kunstvoll geschnitzt, eingelegt oder mit verzierten vergoldeten Messing- oder schweren Silberbeschlägen ausgestattet. Den Ruhm der Salzburger Büchsenmacherkunst begründete die Dynastie der Zelner (oder Zellner), die 1595-1829 in Zell am Moos, Salzburg und Wien tätig waren; Kaspar Zelner ging 1692 nach Wien, wo er mit Markus Zelner an der Hochblüte der spätbarocken Büchsenmacherkunst teilhatte. Zu den Zelnern traten im 17. Jahrhundert die Klett. Viele von ihren und des verschwägerten Johann Krach Feuerwaffen sind auch bemerkenswerte technische Erfindungen, Mehrlader eigenen Systems, Vorgänger der modernen halbautomatischen Magazinwaffen. 1558 wurde der Grundstein zur Jagdgewehrindustrie in Ferlach (Kärnten) gelegt, die heute Weltruf besitzt als Herstellungsstätte feiner Jagdwaffen, welche von einzelnen Handwerksmeistern erzeugt (die Schäfte kunstvoll verschnitten, das Metall graviert) und genossenschaftlich vertrieben werden. In Ferlach besteht eine Fachschule für Gewehrindustrie (gegründet 1879), wo auch Graveure ausgebildet werden, und eine Höhere technische Lehranstalt für Waffentechnik. Pioniere waren auch die Waffenschmiede von Steyr, deren Weltruf J. Werndl begründete. Das in Österreich ab 1854 verwendete Vorderladegewehr, System Lorenz, erfuhr 1866 seine erste Umgestaltung in das Hinterladegewehr, System Wänzl. Das bereits 1865 von J. Werndl in Zusammenarbeit mit seinem Werkmeister K. Holub konstruierte "Werndl-Gewehr" wurde in Österreich 1867 eingeführt; es wies erstmals eine Verminderung des Kalibers (auf 11 mm) auf. Steyr konnte wegen der Qualität seiner Gewehre und der durch Werndl 1855 eingeführten maschinellen Erzeugung im Wettbewerb mit den großen Waffenfabriken in England, Belgien und Frankreich bestehen. Der durch Forderung nach erhöhter Feuergeschwindigkeit notwendig gewordene Übergang vom Einladegewehr zum Mehrlade- oder Repetiergewehr setzte in Österreich zu Beginn der 80er Jahre durch versuchsweise Verwendung verschiedener derartiger Gewehrbauarten ein, von denen die österreichischen Systeme Fruwirth und Kropatschek Drehkolbenverschluss und Vorderschaftsmagazine hatten. Schließlich wurde 1885 unter den vielen erprobten Gewehrbauarten die von F. von Mannlicher gemeinsam mit Schönauer konstruierte als die zweckmäßigste befunden. Das "Mannlicher-Gewehr" wurde von Österreich aus weltbekannt. Neben mechanischen Verbesserungen wurde auch ein bedeutender ballistischer Fortschritt im Werk Steyr erzielt (Verringerung des Laufkalibers und des Geschossgewichts, damit des Gesamtgewichts von 4,45 kg auf 3,65 kg). Die Produktion wurde bald auch auf Jagdwaffen, 1895 auch auf Pistolen und Maschinengewehre ausgedehnt. 1867-1922 wurden in der Österreichischen Waffenfabriks-AG Steyr insgesamt 9,065.559 Gewehre, 518.476 Pistolen und 49.739 Maschinengewehre erzeugt. Im 2. Weltkrieg erzeugten die Steyr-Werke 11 % aller deutschen Gewehre (Kaliber 98). Der Gewehrbedarf für das österreichische Bundesheer seit 1955 wurde von der Steyr-Daimler-Puch AG bzw. wird seit 1998 von der Steyr Mannlicher AG & Co KG durch die Produktion des Sturmgewehrs 58, des Sturmgewehrs 77, des Scharfschützengewehrs 69 und des Maschinengewehrs 74 gedeckt. Die Steyr-Mannlicher AG & Co KG erzeugt auch Pistolen sowie Sport- und Jagdwaffen. In Ferlach werden ebenfalls weiterhin Jagdgewehre, auch für den Export, gefertigt. Literatur: E. Baumgartner, Die Geschichte der Waffenerzeugung in Ferlach, Dissertation, Innsbruck 1953; M. Pfaffenwimmer, Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der "Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft" unter der Leitung des Generaldirektors Josef Werndl 1869-89, Dissertation, Wien 1985.
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