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BaukunstBaukunst (Architektur): Die Entwicklung der Baukunst in Österreich war durch die kulturgeographische Lage des Landes wesentlich mitbedingt. So wurden hier architektonische Ideen aus dem italienischen und deutschen Sprachraum, aber auch aus Frankreich aufgenommen und verarbeitet, wobei es in den verschiedenen Landesteilen Österreichs zu spezifischen Lösungen kam und in manchen Epochen Werke von Weltrang entstanden. Ein Charakteristikum der Baukunst in Österreich ist die Synthese architektonischer Ideen, die sich besonders darin ausdrückt, dass die "Zwischenepochen" der europäischen Baukunst länger dauern als in anderen Ländern und zu eigenständiger Bedeutung gelangen, ein Phänomen, das vor allem in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts und in der Zeit um und nach 1800 deutlich wird. An der Entstehung wichtiger architektonischer Werke und Bautypen waren alle gesellschaftlichen Klassen beteiligt: Klerus (Kirchen, Klöster), Adel (Burgen, Schlösser, Stadtpaläste), Bürger (Stadthäuser und Landvillen), Bauern (zahlreiche regional unterschiedliche Hoftypen) und letztlich auch die Arbeiter (Wiener Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit). Aus der Zeit vor dem 2. Jahrhundert n. Chr. sind nur wenige Baureste erhalten (römische Stadtanlagen Carnuntum und Magdalensberg sowie einige kleine vorromanische Sakralbauten; aus vorromanischer Zeit sind kaum überragende Werke erhalten, da der Holzbau dominierte und der alte Salzburger Dom mehrfach Nachfolgebauten weichen musste). In der Romanik (seit dem 11. Jahrhundert) begann in Österreich eine rege Bautätigkeit, ausgelöst durch die wachsende Bedeutung des Landes unter den Babenbergern. Hauptsächliche Bauaufgaben waren Burgen, Klöster und Kirchen. So entstanden die meisten heute noch existierenden Burgen während der Romanik; trotz spätmittelalterlicher und neuzeitlicher Umbauten sind aus dieser Zeit oft noch Bergfried, Palas und Kapelle erhalten. Die Klöster wurden entweder nach den Baugewohnheiten der Benediktiner errichtet, oder sie folgten dem Bauschema der Zisterzienser. Der Kirchenbau ging häufig vom Typ der 3-schiffigen, meist ungewölbten Pfeilerbasilika mit Apsiden aus. Großbauten sind nur wenige erhalten (Gurk), dagegen sehr viele (meist einschiffige) Dorfkirchen mit Chorquadrat und dominantem Turm. Eine Sonderform bildeten die Wehrkirchen mit Verteidigungsanlagen zum Schutz des Landvolks. Einen für Österreich charakteristischen Bautyp stellen die Karner mit ihrem runden oder polygonalen Grundriss dar (Tulln, Hartberg). Im 13. Jahrhundert setzte zögernd die Gotik ein, zuerst in der von den Babenbergern beherrschten Mark, wobei neben der direkten Übernahme französischer Vorbilder (Capella speciosa in Klosterneuburg) wieder die Zisterzienser eine wichtige Rolle spielten (Hallenchor in Heiligenkreuz und Lilienfeld). Die übrigen Landesteile nahmen die Gotik erst später auf, vor allem durch die Vermittlung der Bettelorden. Hauptsächlich aber geschah die Verbreitung architektonischer Ideen durch die Bauhütten, Vereinigungen von Handwerkern und Baumeistern. Die Bauhütte von St. Stephan in Wien war die bedeutendste in Österreich, im Zusammenhang damit stehen Kirchenbauten in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark. Im 14. Jahrhundert war die Entwicklung vom schweren Massenbau zum fragilen Skelettbau abgeschlossen. Es entstanden die charakteristischen Steilräume des hochgotischen Sakralbaus mit überschlanken Stütz- und Traggliedern, reichen Profilierungen und beinahe "entmaterialisierten" Wandaufbauten, wobei das Tragen der Gewölbelast vom Strebewerk als außen liegendem Stützsystem übernommen wurde. Die Entwicklung der Bautypen ging von der Basilika über die Staffelkirche zur Hallenkirche, zeigte also starke Tendenzen zum Einheitsraum. Dementsprechend wurden im 15. Jahrhundert (Spätgotik) die extremen Vertikaltendenzen von breiter proportionierten Räumen abgelöst. Der ausufernde Reichtum der architektonischen Formensprache zeigt sich in Fenstern, Portalen und in den komplizierten Formen von Stern-, Netz- und Schlingrippengewölben. Im Turmbau der Gotik nahm Österreich eine wichtige Stellung ein. Der Südturm des Wiener Stephansdoms zählt zu den markantesten Beispielen in Europa; interessante Turmhelme weisen auch Maria am Gestade in Wien, die Wallfahrtskirche in Judendorf-Straßengel und die Pfarrkirche von Steyr auf. Während im Spätmittelalter die Adeligen ihre Burgen zu komplexen Anlagen ausbauten, schlug sich das Erstarken des Bürgertums im Städtebau nieder; viele österreichische Städte enthalten im Kern gotische Bausubstanz, die an einzelnen Häusern noch deutlich sichtbar ist (Steyr, Krems, Bruck an der Mur, Innsbruck, Feldkirch). Für die Renaissance gibt es im Sakralbau Österreichs kaum Beispiele. Dieser Baustil wurde vor allem vom katholischen Kaiserhof und seinen Anhängern propagiert, während die Protestanten der neuen Mode reserviert gegenüberstanden. Ab dem 16. Jahrhundert drangen die architektonischen Ideen der Renaissance aus Italien in die südlichen Landesteile ein (Schloss Porcia in Spittal an der Drau, Landhaus in Graz) und danach auch in den Norden, unter bedeutendem stilistischem Einfluss aus den deutschen Ländern. Besonders bei bürgerlichen Bauten beschränkte sich die Übernahme des neuen Baustils aber oft auf bestimmte architektonische Elemente, vor allem auf Säule und Arkade (Arkadenhöfe in der Wachau und südlich von Wien), und es kam zu eigenständigen architektonischen Interpretationen. Durch die Neugestaltung der Fassaden veränderte sich das Stadtbild, das bis dahin von den giebelständigen Bürgerhäusern geprägt wurde. Große Bedeutung erlangte die Renaissance im Festungs-, Burgen- und Schlossbau sowohl bei Neubauten als auch beim Umbau bestehender mittelalterlicher Anlagen. Im Zuge der Gegenreformation erlangte das Barock in Österreich landesweite Verbreitung. Wenn auch als Vorläufer Salzburg mit seinem unter direktem italienischem Einfluss errichteten Dom (ab 1614) als frühestem bedeutendem Barockbau nördlich der Alpen angesehen werden kann, so wurde die Verbreitung der Barockarchitektur im 17. Jahrhundert vor allem durch die Wandpfeilerkirchen der Jesuiten (Innsbruck, Wien, Leoben, Linz) und italienischer Gastarchitekten unterstützt. Nach dem Sieg über die Türken bei Wien (1683) erfuhr das Baugeschehen in Österreich beträchtlichen Aufschwung, was sich in zahlreichen Kirchen-, Repräsentations- und Wohnbauten niederschlug, die auch heute noch das Erscheinungsbild vieler österreichischer Städte und Dörfer bestimmen. Durch einen glücklichen Umstand verfügte Österreich in der Zeit seiner neugewonnenen Position als europäische Großmacht und in einer wirtschaftlichen Blüte über eine Anzahl hochrangiger Architektenpersönlichkeiten, welche die Baukunst in Österreich nachhaltig prägten: J. B. Fischer von Erlach, dessen architektonisches Schaffen starken italienischen Einfluss aufweist und der in Salzburg und Wien wirkte (Dreifaltigkeitskirche und Kollegienkirche in Salzburg, Palais Schwarzenberg und Karlskirche in Wien); J. L. von Hildebrandt, der in Rom ausgebildet wurde und dem mit dem Belvedere in Wien eine der großartigsten Schlossanlagen gelang; J. Prandtauer, der hauptsächlich im Klosterbau beschäftigt war (Melk, St. Florian); M. Steinl, der, in mehreren künstlerischen Disziplinen tätig, als akademischer Lehrer die Folgegeneration beeinflusste (Dürnstein und Zwettl) und später auch J. Munggenast (Stift Altenburg). In Oberösterreich wirkte J. M. Prunner (Stadl-Paura), die Barockarchitektur in Tirol wurde von der Baumeisterfamilie Gumpp wesentlich geprägt, und in der Steiermark erlebte die Baukunst noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit J. G. Stengg und J. Hueber einen späten Höhepunkt. Für die österreichische Aufklärung und Romantik waren zunächst französisch geschulte Künstler (I. Canevale, C. von Moreau, L. Montoyer) maßgeblich. In der Folge entwickelten sich teilweise betont bürgerliche Varianten, wobei vor allem der entsprechende Interieurstil (Biedermeier) für lange Zeit als vorbildlich galt. Wichtigster Vertreter der Baukunst des Biedermeier war J. Kornhäusel. Der besonders bei ärarischen Verwaltungsbauten der franziszeischen Epoche betont nüchterne zweckhafte Spätklassizismus wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend mit aus dem historischen Formenrepertoire entwickelten kleinteiligen Ornamentformen aufgelockert (Romantischer Historismus). Gleichzeitig wurden heterogene Motive frei kombiniert (Wiener Oper von A. Sicard von Sicardsburg und E. van der Nüll), später (Strenger Historismus) strebte man Stilreinheit an. Mit der Wiener Ringstraße schufen bedeutende ausländische (T. von Hansen, G. Semper, F. von Schmidt) und heimische (H. von Ferstel, C. von Hasenauer) Architekten ein städtebauliches Gesamtkunstwerk. Für die Ablöse des Historismus durch einen von Funktion und neuen Materialien bestimmten Stil leistete O. Wagner einen maßgeblichen Beitrag. Nach Experimenten mit dem Jugendstil fand er zu einer klaren modernen Formensprache (Wiener Postsparkasse) und prägte als Lehrerpersönlichkeit zahlreiche bedeutende Architekten (J. M. Olbrich, J. Hoffmann, J. Plečnik). Nach 1900 entstand ein spezifisch wienerischer sparsam-geometrischer Dekorstil. Die Generation der Wagner-Schüler bestimmte im wesentlichen die vielfältige, teils regionalistisch gefärbte, teils pathetisch gesteigerte Architektur der Wiener Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit, die auch wegen der integrierten Folgeeinrichtungen (Wäschereien, Kindergärten, Bibliotheken usw.) international vorbildlich waren. A. Loos wurde durch sein architektonisches Werk, noch mehr aber durch seine Schriften weltbekannt. Er verstand Bauen wesentlich als kulturhistorisch determinierte Tätigkeit (Ende des Ornaments durch Fortschritt der Kultur bedingt). Von seinen Ideen beeinflusste Architekten leisteten im Ausland einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Internationalen Stils (J. Frank, R. Neutra, E. A. Plischke), während man sich im Inland eher um eine Integration alpiner Bautraditionen bemühte (C. Holzmeister, L. Welzenbacher). Nach dem 2. Weltkrieg strebte man nach einem Anschluss an das internationale Bauen (R. Rainer, K. Schwanzer). In jüngerer Zeit hat sich neben Wien (H. Hollein, W. Holzbauer, G. Peichl, Coop Himmelblau) in Graz ein 2. Zentrum gebildet (G. Domenig). In Vorarlberg entstand eine eigenständige Richtung, die sich vorwiegend mit kostengünstigen Holzkonstruktionen im Wohnbau beschäftigt. Literatur: Österreichische Kunsttopographie, 1907ff.; Dehio-Handbuch Kunstdenkmäler Österreichs, 1933ff.; W. Buchowiecki, Die gotischen Kirchen Österreichs, 1952; R. Wagner-Rieger (Hg.), Die Wiener Ringstraße, 11 Bände, 1967-1981; R. Wagner-Rieger, Wiens Architektur im 19. Jahrhundert, 1970; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, 4 Bände, 1980ff.; G. Brucher, Barockarchitektur in Österreich, 1983; derselbe, Gotische Baukunst in Österreich, 1990. Verweise auf andere Alben:
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